14. Nov. 2024

Wie nachhaltig sind unsere Outdoor-Klamotten? Das war unser 28. Forum.

28. Forum mit Podiumsdiskussion,
Donnerstag, 14. Nov. 2024, 19:30 Uhr,
Raiffeisenforum Friedrich Wilhelm, Dornbirn,
Rathausplatz 8

Für unser 28. Forum hatten wir ein ganz spezielles Thema ins Auge gefasst – und zwar die globalen Lieferketten in der Textilindustrie, und hier ganz speziell der Bereich „Outdoorkleidung“. Wie nachhaltig (d.h. ökologisch und sozial fair) lassen sich Funktions-Shirt & Co produzieren? Wo liegt noch viel im Argen? Wo gehen Unternehmen bereits neue Wege? Diese Fragen wurden am 14. Nov. bei einer Podiumsdiskussion im Raiffeisenforum in Dornbirn intensiv diskutiert. Und das Podium konnte u.a. mit Vertretern einschlägiger Hersteller prominent besetzt werden. Manfred Meindl (Marketingleitung VAUDE), Otto Leodolter (Geschäftsführer LÖFFLER), Frank Selter (Inhaber KAIPARA) berichteten davon, wie sie in ihren Lieferketten Nachhaltigkeit, Fairness und ökologischen Anspruch zu realisieren versuchen. Ergänzt wurden die drei Industrievertreter von Laurens Burtscher, GF von walchbewegt (Sport-Fachhändler aus Bludenz) und Sabine Klapf von Südwind bzw. der Clean Clothes Kampagne.

 

Den Einstieg in das Thema des Abends machten die in der Vorarlberger Bergwelt zuvor gesammelten Video-Statements von Wanderern. Kaum eine(r) der Befragten wusste, wo und wie die Outdoor-Kleidung, die man am Leib trug, hergestellt wurde.

 Deshalb machte Sabine Klapf von der Clean Clothes Kampagne mit ihren Ausführungen zur Situation in den Produktionsbetrieben der weltweit agierenden Textilindustrie auch gleich den Anfang. Und versetzte das Auditorium mit unglaublichen Zahlen auch gleich ins Staunen. Mehr als 9 Mrd. Euro geben Österreichs KonsumentInnen jährlich für Textilien aus, wobei ein durchschnittliches Damen-Top dann allerdings im Durchschnitt nur 1,7 x getragen wird, bevor es wieder im Altkleider-Sack verschwindet. Damit dies leistbar ist, müssen Textilien immer günstiger produziert werden. Das geschieht auf dem Rücken der Millionen Näherinnen vorwiegend in asiatischen Ländern, die für ihre Arbeit Cent-Beträge erhalten und teils in erbärmlichen Verhältnissen arbeiten und leben müssen. Die Outdoor-Bekleidungs-Industrie macht da großteils kein besseres Bild. Trotzdem bemühen sich gerade in diesem Bereich viele Anbieter, neue Wege zu gehen bzw. eingeschlagene Wege konsequent weiterzugehen.

So auch der österr. Hersteller Löffler, der seit jeher in Österreich und anderen europäischen Ländern produziert und alleine aufgrund der strengeren Gesetze und Arbeitsschutzbedingungen in Europa hier höhere Standards erfüllt als es in jedem asiatischen Land gefordert würde. Dennoch – so stellte Sabine Klapf von der Clean Clothes Kampagne – klar, müsse man ganz klar zwischen Mindestlohn und existenzsicherndem Lohn unterscheiden. Nur letzterer garantiert in den Produktionsländern den vorwiegend weiblichen Arbeitnehmern drei vollwertige, gesunde Mahlzeiten für sich und ihre Familie pro Tag und lässt es auch noch zu, Geld zu sparen. Die staatlichen Mindestlöhne in diesen Ländern – so Klapf – sind hingegen oft viel zu niedrig.

Im Bild oben die Podiumsteilnehmer: Otto Leodolter (Löffler), Sabine Klapf (Clean Clothes Kampagne), Laurens Burtscher (walchbewegt), Manfred Meindl (Vaude), Franz Kuttelwascher (Obmann Consolnow und Moderator), Frank Selter (Kaipara).

Der deutsche Hersteller Vaude aus dem nicht weit entfernten Tettnang lässt weltweit produzieren und man sei sich – so Manfred Meindl – der Problematik sehr wohl bewusst. Deshalb achtet man in den Produktionsbetrieben sehr genau auf die Einhaltung höherer Standards. U.a. für dieses Engagement erhielt das Unternehmen 2024 den deutschen Nachhaltigkeitspreis. Damit alle Anbieter im Markt mit Transparenz zu mehr Obsorge für ihre eigene Lieferkette „motiviert“ werden, wurde von der EU im April 2024 das Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht – und zwar am 11. Jahrestag des bis heute größten Unglücks in der Geschichte der Textilindustrie. Am Morgen des 24. April 2013 stürzte in Bangladesch der neunstöckige Fabrikkomplex Rana Plaza ein und begrub tausende Menschen unter sich. 1.138 Arbeiterinnen und Arbeiter verloren ihr Leben, mehr als 2.000 Menschen wurden teil schwer verletzt. Sie hatten hauptsächlich Kleidung für den Export produziert, unter anderem für europäische Modefirmen wie Primark, Benetton, Mango, C&A und KiK.

Aber nicht nur die Arbeitsbedingungen waren bei der Podiumsdiskussion in Dornbirn ein Thema. Auch die ökologischen und gesundheitlichen Aspekte der bei Funktionskleidung verwendeten Materialien wurden angesprochen. Die gute Nachricht: PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind – zumindest bei den anwesenden Markenherstellern – kein Thema mehr. Dennoch ist klar, dass gerade jene Kunstfasern, die das Shirt schnell trocknen oder den Regen auf der Jacke abperlen lassen, inzwischen eine immensen Anteil am Mikroplastik in unseren Abwässern und unserer Umwelt ausmachen.

Ein Dankeschön an das tatkräftige Vorstandsteam (vorne): v.l.n.r.: Barbara, Elisabeth, Marjan.

Viele Anbieter (u.a. auch unser Podiumsteilnehmer Kaipara) vermeidet hier mit dem Naturmaterial Merino-Wolle diese Problematik. Es nützt die natürlichen Eigenschaften dieses Materials für die gewünschte Funktion der Kleidung.

Laurens Burtscher von walchbewegt merkte an, dass Themen wie Materialien und Funktion zwar bei seinen Kunden oft ein Thema ist, die Herkunft sprich Produktionshistorie der Kleidung aber noch nicht wirklich im Bewusstsein der Konsumenten sei. Mit entsprechenden nachhaltigen Marken und dem Wissen über die Produktionsbedingungen möchte er verstärkt auch diesen Aspekt der Freizeitkleidung in die Verkaufsgespräche einfließen lassen. Denn er als Fachhändler sei schließlich die erste Anlaufstelle für Kunden, die mehr über ihre Outdoorkleidung wissen möchten.

Bei den Publikumsfragen meldete sich dann auch Daniel Frei von Skinfit als Zuhörer zu Wort. Wir hatten das Vorarlberger Unternehmen im Vorfeld mehrmals angeschrieben und auf das Podium eingeladen – allerdings ohne Antwort. Daniel kam dann auch zu den anderen Industrie-Vertretern nach vorne und beantwortete u.a. Fragen zu den Materialien.

In den eindreiviertel Stunden konnten die Zuhörer tiefe Einblicke in die Problematik industrieller Fertigungsprozesse gewinnen. Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion präsentierten jeweils ihre Wege zu einer nachhaltigeren Fertigung und scheuten sich auch nicht davor, mit offenen Karten zu spielen. Viele Probleme sind – auch bei ihnen – noch nicht gelöst. Und so lange für die meisten Konsumenten der Preis alleine ausschlaggebend für die Kaufentscheidung ist, wird eine großflächige nachhaltige Fertigung für gewinnorientierte Unternehmen kaum umsetzbar sein.

Obmann Franz Kuttelwascher, der als Moderator durch die Diskussion führte, äußerte schließlich auch die Hoffnung, dass es in der Bekleidungsindustrie einen ähnlichen Ruck wie im Lebensmittelbereich gibt, wo die Nachfrage der Konsumenten zu einem großen Bio-Angebot im Einzelhandel führte. Nachfragen, Interesse an der Entstehungsgeschichte hinter unseren Produkten zeigen und Prioritäten setzen, wofür man sein Geld ausgibt sind die Gebote der Stunde. Oder vor jeder Kaufentscheidung am besten die Frage stellen: „Brauch ich das jetzt wirklich?“.

Elisabeth und Barbara überreichten den Podiumsteilnehmern als kleines Dankeschön für ihr unentgeltliches Kommen jeweils eine unserer Vereinstaschen aus recycelten Jeans, die mit einer Flasche Wein des Batschunser Weinbau-kollektivs West und einem Stück „Walserstolz“-Käse aus dem Großen Walsertal gefüllt waren (natürlich alles bio).

Im Anschluss an die Diskussion war noch Gelegenheit bei Bio-Getränken und Bio-Knabbereien im Foyer des Raiffeisenforums mit den Teilnehmern der Podiumsdiskussion sowie den Vereinsvertretern ins Gespräch zu kommen. Gegen 23.00 Uhr schloß unser 28. Forum und wir hoffen, dass alle Besucher wertvolle Informationen für ihre künftige Kaufentscheidungen mitnehmen konnten.

Ein Danke an dieser Stelle auch an das gesamte Vorstandsteam Elisabeth, Barbara, Marjan, Franz für die Durchführung der Werbemaßnahmen und der Organisation der Veranstaltung, sowie an Südwind (haben sich mit einem Kooperationsbeitrag am finanziellen Aufwand beteiligt, an die Raiffeisenbank Dornbirn, die uns mit der Saalmiete sehr entgegengekommen ist und natürlich auch an jedes unserer Vereinsmitglieder, deren Mitgliedsbeiträge diesen spannenden Abend erst möglich gemacht haben.

Noch ein Wort zu unseren Werbemaßnahmen für dieses 28. Forum.

Wir haben uns ziemlich ins Zeug gelegt, um das Raiffeisenforum zu füllen, denn nur wenn unsere Vereinsbotschaft an möglichst viele (neue) Ohren dringt, können wir etwas bewegen. Anderenfalls bleiben wir in uns selbst gefangen und würden uns damit begnügen, uns – die wir eh schon nachhaltig denken und handeln – selbst auf die Schulter zu klopfen. Wir müssen Menschen erreichen, die bislang noch wenig oder gar nicht darüber nachgedacht haben, was ihr Konsum bewirkt. Deshalb waren wir sehr froh, viele neue Gesichter in Dornbirn begrüßen zu dürfen, wenngleich wir natürlich auch gerne mehr als die Handvoll Vereinsmitglieder gesehen hätten. Und so haben wir die „Werbetrommel“ für diese Veranstaltung gerührt:

  • Plakate in vielen Geschäften und Lokalen landauf, landab (Danke euch allen.)
  • Litfaßsäulen-Plakate in Lochau, Wolfurt, Schwarzach, Hard, Lauterach, Dornbirn, Hohenems, Rankweil, Lustenau (Barbara und Franz sind teilweise mit Tapetenkleister und Pinsel selbst losgezogen um die Plakate auf die zugeteilten Säulen aufzukleben)
  • A6-Flyer – in Geschäften aufgelegt und in Bregenz und Dornbirn in Briefkästen eingeworfen (insgesamt 5000 Stück)
  • Citylight-Leuchtkastenwerbung in der Tiefgarage Dornbirn
  • Screenwerbung in allen Unterland-Bussen
  • Anzeigen in der Kulturzeitschrift sowie den Gemeindeblättern Dornbirn und Hohenems
  • Newsletter-Aussendungen an unseren Adress-Pool (Mitglieder und Interessenten) – ca. 450 Adressen
  • Email-Aussendung an über 300 Vereine im Sport- und Naturbereich in Vorarlberg (leider reagierte nur ein einziger Verein)
  • Ankündigung auf der Online-Plattform „wohin“ von Russmedia
  • Presse-Ankündigungen an Radio Vorarlberg, Radio Proton, Original-Magazin, VN etc.
  • Flyer-Verteilung beim Biofest in Bregenz und beim Use-what-you-Have-Festival in Feldkirch
  • Flyer-Verteilung inkl. aufgehängtem Riesen-T-Shirt am Wanderweg zum Karren
  • … und viel Mundpropaganda

Wir listen das für euch deshalb so ausführlich auf, damit ihr ein Bild davon bekommt, welchen Aufwand man in unserer kommunikations-übersättigten Welt treiben muss, um 76 Menschen zu einer spannenden Podiumsdiskussion zu bekommen. Wir haben den Schwerpunkt diesmal eher aufs Unterland gelegt, weil es erfahrungsgemäß sehr schwierig ist, in Vorarlberg jemanden nach einem Arbeitstag noch für eine Abend-Veranstaltung am anderen Ende des Landes zu begeistern.

Alles in allem sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Was wir von den Medien im Land (Ausnahme: ORF – „Neues bei Neustädter“ am Tag vor der Veranstaltung) allerdings nicht behaupten können. Trotz mehrmaligem Anklopfen um eine Berichterstattung war das Thema scheinbar doch zu heiß oder zu wenig interessant.

……

Danke für die Veranstaltungsfotos an Lukas Hämmerle.

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