25. September 2023

Bio-Siegel auf Lebensmitteln.

Verantwortungsvolle Konsumenten möchten bei der Wahl ihrer Lebensmittel auf biologisch und fair produzierte Marken zurückgreifen. Und solche Produkte erfreuen sich in Österreich wachsender Beliebtheit. Laut Statista sind die Ausgaben für Bioprodukte pro Haushalt in Österreich in den letzten Jahren von durchschnittlich 93 Euro im Jahr 2011 auf etwa 191 Euro im Jahr 2020 gestiegen. 2022 wurden im österreichischen Lebensmittel-Einzelhandel Bioprodukte im Wert von ca. 830 Mio Euro verkauft. Ganz vorne bei den beliebten Bio-Produkten liegen Milch und Naturjoghurt. Traurig allerdings, dass Fleisch, Geflügel und Wurst bei den Bioprodukten die letzten Plätze belegen. Wo unser Schnitzel herkommt, ist uns scheinbar nicht so wichtig. Das Tierwohl geht uns scheinbar immer noch „am Magen vorbei“. Wobei hier vorallem die Männer angesprochen sind. Denn laut Statista essen Frauen generell mehr Bioprodukte als Männer. Mehr als ein Viertel der österreichischen Landwirtschaftsfläche wird inzwischen biologisch bewirtschaftet.

Ein Bio-Siegel allein macht noch kein gutes Produkt.

Wenn man sich nicht die Mühe machen will, jedes einzelne Produkt im Internet zu recherchieren (was oft auch nicht so einfach ist), verlässt man sich lieber auf entsprechende Siegel, die das jeweilige Produkt als biologisch, nachhaltig oder fair ausweisen. Doch in der Zwischenzeit gibt es neben den von offiziellen staatlichen Stellen vergebenen Siegeln auch jede Menge Label, die von NGOs aber auch von der Industrie selbst ins Leben gerufen wurden. Viele verlangen höhere Standards als das EU-Bio-Zeichen (z.B. Demeter), andere betreiben damit lediglich Konsumentenberuhigung und wollen die damit werbenden Produkte umsatzmäßig pushen (MSC-Gütesiegel bei Fisch). Greenpeace hat kürzlich die verschiedenen Siegel unter die Lupe genommen und aufgelistet, wem man vertrauen kann und wo offensichtlich Greenwashing betrieben wird. Hier ein kleiner Auszug wichtiger Siegel auf Lebensmitteln. Achtet bitte beim nächsten Einkauf darauf.

Täuschende Begriffe.

Auf Verpackungen wird mit allerlei täuschenden Begriffen gearbeitet, um konventionell hergestellte Lebensmittel biologisch erscheinen zu lassen. Das ist möglich, weil nur Begriffe wie „kontrolliert biologischer Anbau“ bzw. „kontrolliert ökologischer Anbau“ geschützt sind. Wo nur „aus kontrolliertem Anbau“ draufsteht, wird getrickst und getäuscht. Denn diese Formulierung sagt rein gar nichts aus. Auch Begriffe wie „umweltfreundlich“, „integrierter“ oder „umweltschonender Anbau“, „unbehandelt“, „naturnah“ sind gesetzlich nicht geschützt und nicht mehr als heiße Luft.

Greenpeace hat recherchiert und die wichtigsten Label zusammengestellt.

Um bei Lebensmitteln auf Nummer Sicher zu gehen, sollte man auf entsprechende Siegel achten. Doch auch hier ist – wie gesagt – Vorsicht geboten. Nachfolgend einige der in Österreich am verbreitetsten Siegel und was dahinter steckt. Grundlage dafür ist eine Recherche von Greenpeace (nachzulesen auf der Website, wo noch weitere Siegel erklärt werden) Zur Greenpeace-Übersicht.

Das rot-weiß-rote AMA-Gütesiegel steht für Produkte aus Österreich mit höherer Qualität als gesetzlich vorgegeben. Greenpeace stuft das Siegel allerdings als nur bedingt vertrauenswürdig ein, da es massive Schwachpunkte in den Bereichen gentechnisch veränderter Futtermittel und im Tierschutz aufweist. Vor allem in der Schweine- und Rindermast ist laut AMA gentechnisch verändertes Futtermittel (aus Übersee importiert) zulässig und wird auch häufig verwendet.

Das AMA Bio-Siegel garantiert Produkte in Bio-Qualität und geht in einigen Punkten über die Mindestanforderungen des EU-Bio-Siegels hinaus. Greenpeace stuft das Siegel als sehr vertrauenswürdig ein. Alle landwirtschaftlichen Rohstoffe, die es in Österreich gibt, müssen auch aus Österreich stammen. Zutaten aus anderen Ländern dürfen max. ein Drittel des Produktes ausmachen. Und es darf kein Palmöl verwendet werden.

Glaubwürdige Gütezeichen im Wildfisch- oder Aquakultur-Bereich gibt es laut Greenpeace immer noch nicht. Meist sind es Label, die von Interessensvertretern der Industrie gemeinsam mit WWF entwickelt wurden aber so niedrige Standards ansetzen, dass sogar Fischereien, die Grundschleppnetze einsetzen (= langfristige Zerstörung des Meeresboden) dieses Label bekommen. Beim ASC (Aquaculture Stewardship Council) werden sogar Aquakulturen ausgezeichnet, die Chemikalien und Antibiotika verabreichen. Und was wenige wissen: Aquakulturen plündern trotzdem die Meere. Denn für ein Kilogramm Zuchtlachs werden für dessen Ernährung rund 5 Kilogramm Wildfisch verfüttert. Deshalb sind beide Labels für Meeresfisch-Produkte für Greenpeace absolut nicht vertrauenswürdig.

Wer die Weltmeere schützen will, verzichtet als Konsument am besten auf Meeresfische – egal ob aus Wildfang oder Aquakultur.

Sehr vertrauenswürdig! So die Einschätzung von Greenpeace über das Bio Austria-Siegel. Es garantiert Produkte in Bio-Qualität, die deutlich über die Mindestanforderungen des EU-Bio-Siegel hinausgeht. Die Vorschriften hinsichtlich Tierschutz sind ebenfalls sehr streng. Es gibt einen Verzicht auf Hochleistungskühe in der Milchwirtschaft und eine Besatzobergrenze bei Legehennen von 3.000 pro Stall. Auch die Regeln für Futtermittelimporte sind sehr streng und es muss der gesamt Betrieb (und nicht nur ausgewiesene Flächen) biologisch bewirtschaftet werden. Mehr Infos gibt’s hier auf der Bio-Austria-Website.

Demeter ist ein in Deutschland gegründeter, inzwischen internationaler Bio-Anbauverband. In Österreich gibt es mehr als 200 Mitgliedsbetriebe. 100% des Tierfutters müssen Bio-Futter sein, zwei Drittel sogar den strengeren Demeter-Standards genügen. Kühle dürfen nicht enthornt werden. Generell bauen die sehr strengen Vorgaben auf dem antroposophischen Weltbild auf. Greenpeace sagt „Sehr vertrauenswürdig“ zu diesem Qualitätssiegel. Nähere Auskünfte zur Philosophie und eine Gegenüberstellung der Bio-Anforderungen zwischen EU-Siegel und Demeter-Siegel gibt’s hier zum Nachlesen.

Das EU-Bio-Siegel ist das am häufigsten verwendete, weil es für den EU-Raum Mindeststandards in Sachen Bio-Qualität definiert. Greenpeace stuft es jedoch wegen vieler Kompromisse nur als vertraunswürdig ein. Dennoch gilt: Es ist die Basis, auf der alle strengeren Siegel aufbauen und definiert somit einen guten Weg. Kritikpunkte am EU-Biosiegel sind z.B. dass landwirtschaftliche Betriebe nicht komplett ökologisch bewirtschaftet werden müssen. Die Gefahr, dass biologisch betriebene Felder von angrenzenden konventionell bewirtschafteten kontaminiert werden, ist groß. Allerdings besteht diese Gefahr sogar bei einem Demeter-Bauernhof, der an konventionell wirtschaftende Nachbarn grenzt. Auch Begriffe wie „artgerechte Tierhaltung“ sind nicht sehr streng und eindeutig definiert. Pro Hektar werden doppelt so viele Legehennen und Masthühner erlaubt als z.B. bei Demeter. Eine Überarbeitung der Kriterien wäre dringend nötig.

Bei diesem Siegel geht’s primär nicht um ökologische Kriterien sondern vor allem um sozial faire Herkunft der Lebensmittels, wenngleich auch ökologische Standards gefordert werden.

Greenpeace stuft es als vertrauenswürdig ein, weil es Mindestpreisgarantien für LandwirtInnen beinhaltet und den Einsatz von gentechnisch modifiziertem Saatgut explizit verbietet. Kleinbäuerliche Strukturen werden gefördert. Beim Thema „Ökologie“ verwässert sich das Label durch die Möglichkeit des Mengenausgleichs allerdings selbst. Denn wird in der Produktion zertifizierte Ware  z.B. mit 10% konventioneller Ware vermischt, darf 10% der Gesamtmenge das Fairtrade-Zeichen tragen. Auf der Packung steht dann unter dem Fairtrade-Logo der Zusatz „mit Mengenausgleich“.

Nur „bedingt vertrauenswürdig“ hält Greenpeace dieses Label, das Kaffee, Kakao, Bananen und Zitrusfrüche zertifiziert. Zwar schließt das Zertifikat Kinderarbeit, gentechnisch veränderte Pflanzen und die Umwandlung von Urwälder in Landwirtschaftsflächen aus, es garantiert aber den BäuerInnen keine vom Weltmarkt unabhängigen Fixpreise wie z.B. das Fairtrade-Projekt. Der Einsatz von Glyphosat ist erlaubt und auch hier können – wie bei Fairtrade – dank des Mengenausgleichs zertifizierte und konventionelle Ware gemischt werden.

Ganz dem Tierwohl verschrieben hat sich das Gütezeichen „Tierwohl kontrolliert“ – je nach eingehaltenem Standard mit 2 oder 3 Hakerl. Die geforderten Standards bei beiden Stufen gehen deutlich über die EU-Biorichtlinien hinaus (wiederkäuergerechte Fütterung, Weidehaltung, Ausschluss von qualgezüchteten Rassen). Greenpeace bewertet dieses Label als „sehr vertrauenswürdig„.

Wenn das Heumilch-Logo der AMA und ein vertrauenswürdiges Bio-Logo auf der Milchflasche zusammentreffen, hat man eine gute Wahl getroffen. Für Greenpeace ist das Label vertrauenswürdig, weil es Kühen im Sommer Grünfutter auf Wiesen, Weiden und auf der Alp sowie Heu und Getreideschrot im Winter garantiert. Mindestens 120 Tage im Jahr müssen die Kühe Auslauf im Freien haben (30 Tage mehr als gesetzlich vorgeschrieben). Futtermittel aus dem Silo oder mit zugesetzten Antibiotika und Hormonen sind verboten. Aspekte wie Anbindehaltung, Enthornung etc. werden allerdings nicht geregelt.

Diese beiden Labels erfüllen sehr hohe Bio- und Tierwohl-Standards und sind vor allem in Deutschland (Bioläden) weit verbreitet. Auch auf Produkten in heimischen Bioläden sind diese Zertifikate oft zu finden. Neben Demeter gelten die beiden Verbände als führende Kräfte für eine ökologische Landwirtschaft bzw. Lebensmittelindustrie. Wir stufen diese beiden Label deshalb als absolut vertrauenswürdig ein.

Regional ist das neue Bio?

Siegel auf Lebensmitteln erleichtern die Einschätzung über die Bio-Qualität eines Produktes, dessen Herstellung man nicht sehen bzw. einschätzen kann. Doch als wir kürzlich den Spruch sahen “ Regional ist das neue Bio“ mussten wir in gewisser Weise zustimmen. Wer in seiner Nähe (und das ist im überschaubaren Vorarlberg einfach) einen Bauernhof hat, der seine Produkte ab Hof verkauft, kann sich über das Tierwohl und die Herstellung der dort gekauften Produkte selbst ein Bild machen. Nachfragen bei Frau und Herrn Landwirt kostet nichts. „Wo bekommst Du das Futter für die Tiere her?“ „Wieviel Freilauf haben sie“. Und wenn man den Stall und die Tiere in einem vernünftigen guten Umfeld sieht, sagt das schon sehr viel aus. Oft ist es Produzenten von Lebensmitteln auch zu mühsam und zu kostspielig, sich um ein Bio-Label zu bemühen, obwohl sie bereits viele Kriterien erfüllen. Dennoch gilt natürlich. Bio ist besser als konventionell.