12. Jänner 2024

Plastikfrei an der Frischetheke

Plastikfrei Lebensmittel einkaufen? Das ist leichter gesagt als getan. Vor allem dann, wenn man sich zwar in Bio-Qualität ernähren möchte, aber dann halt doch schnell den Weg in den konventionellen Supermarkt um die Ecke nimmt. Denn schließlich gibt’s dort ja auch viele Bio-Produkte. Das Plastik-Verpackungs-Inferno ist dort allerdings ebenso zu Hause. Denn egal ob in Kunststoff-Blister eingeschweißtes Bio-Obst oder das Frühstücks-Gebäck, das man sich in ein Papiersackerl mit Plastikfenster aus dem Dispenser holt bis hin zu den Kunststoff-Folien an der Frischetheke, die Wurst und Käse umhüllen, bevor wir sie endlich im Einkaufswagen liegen haben. Millionen Tonnen von Plastik wird für eine effektive Einsatzdauer von wenigen Minuten produziert. Unser Hygiene-Wahn hat eine Industrie rund um den Globus entstehen lassen, die zu den prosperierendsten der Welt zählt. Und die Verpackungsindustrie ist fleißig. Rund 37kg Kunststoffverpackungen verbrauchen Herr bzw. Frau Österreicher pro Jahr.

O.k. – selbst wenn man auf Kunststoff-Gebinde aus dem Regal verzichtet und Dose, Papier und Glas den Vorzug gibt – an der Frischetheke gibt’s dann doch immer noch das Plastikfolien-Problem. Doch das lässt sich mit einem selbst mitgebrachten Mehrweg-Behältnis von zu Hause inzwischen perfekt umschiffen – will heißen: Eigene Box mitbringen, dem freundlichen Mitarbeiter an der Frischetheke auf das von ihm bereitgestellte Tablett stellen und dieser legt Wurst und Käse nach dem Wiegen direkt in die Box. Bis vor kurzem hörte man dann teilweise noch die Meldung, das sei aus Hygienegründen gesetzlich nicht erlaubt. Inzwischen wissen wir aber, dass das so nicht stimmt. Auf der Website des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt etc. findet man entsprechende Faktenblätter als pdf zum Thema „To-Go-Verpackungen“. Darin wird ein solches Vorgehen im Sinne von Verpackungsvermeidung sogar empfohlen, wenngleich es weiterhin in der Entscheidung des jeweiligen Supermarktes liegt, dies zuzulassen oder nicht. Die Hygienebestimmungen werden durch das vom Mitarbeiter bereitgestellte Tablett eingehalten, denn die mitgebrachte Box könnte sonst den Bereich hinter der Theke kontaminieren.

Wirtschaftskammer uninformiert, Lebensmittel-Einzelhändler bereit für Wandel (?)

Auf Anfrage bei der Wirtschaftskammer bzw. der zuständigen Fachgruppe bekommt man allerdings statt aktuellen Infos immer noch einen Ministerien-Brief aus dem Jahr 2017 serviert, der die Verwendung von wiederverwendbaren Boxen nicht im Einklang mit einer guten Hygiene-Praxis sieht. Ende des Zitats. Verständlich, wenn man bedenkt, dass die WKO natürlich auch einige gewichtige Plastikverpackungs-Hersteller als Mitglieder hat und auch deren Umsatz-Interessen im Auge behalten muss. Und das sind in Österreich immerhin 4,6 Mrd. Euro jährlich, die vor allem mit diesem potentiellen Plastikmüll umgesetzt werden.

Die Lebensmittel-Einzelhandelsketten sehen das sehr viel entspannter. Fast jeder hat auf seiner Website entsprechende Hinweise und erklärt, wie das Handling an der Frischtheke funktioniert. Zitat Spar: „Seit Juni 2019 können Kundinnen und Kunden bei SPAR, EUROSPAR und INTERSPAR in ganz Österreich ihre eigenen Boxen für den Einkauf von Wurst, Käse sowie Fleisch mitbringen. Damit setzt SPAR einen weiteren Schritt für die Umwelt und bietet der Kundschaft eine Möglichkeit, gemeinsam Verpackung zu sparen.“ Und auch bei Sutterlüty heißt es: „In der Sutterlüty Feinkost können wir Ihre Lieblingsspezialitäten aus der Region auch in mitgebrachte Mehrweg-Frische-Boxen verpacken. Damit haben Sie bei jedem Einkauf die Möglichkeit, einen kleinen Beitrag zur Vermeidung von Verpackungsmüll zu leisten.“

Natürlich ist es in konventionellen Supermärkten von diesen schön formulierten Marketingtexten zur Realität beim täglichen Einkauf noch ein langer Weg. Den können wir als Konsumenten jedoch verkürzen, in dem wir auf plastikfreie Lebensmittel bestehen und unsere bequemen Rituale ändern. Auch Obst und Gebäck kann in mitgebrachte Sackerl gelegt werden (Obst eben zuerst wiegen und dann ins Sackerl).

Und einmal mehr heißt die Devise: Nachfragen. Nachfragen. Nachfragen. Ich habe mir angewöhnt, bei jedem Einkauf im Supermarkt das nette Verkaufsteam an der Frischetheke mit der Frage zu „nerven“: „Habt ihr auch Bio-Wurst oder Bio-Schinken?“ Bei Sutterlüty gibt’s inzwischen wirklich die ein oder andere Sorte, bei Spar hapert’s noch. Auf den Hinweis, dass es verpackten Bio-Schinken gäbe, kontere ich dann jedes mal mit der Meldung: „Da ist mir zu viel Plastik drumrum. Da verzichte ich lieber.“ Irgendwann wird man den lästigen Kunden nach oben melden und vielleicht erkennt dann ein Spar-Manager das Bedürfnis seiner Kundschaft.

Noch besser ist es natürlich, gleich dort einzukaufen, wo „verpackungsarm bzw. verpackungsfrei“ ein grundsätzliches Credo ist. Zum Beispiel bei den vielen Bioläden im Land oder in Unverpacktläden. Unser Vereinsmitglied Corinna Amann zeigt wie’s geht. In Cori’s plastikfreierm Laden in Satteins wird seit 2018 Verpackung so weit es irgendwie geht vermieden. Ganz neu ist jetzt ein Selbstbedienungsraum, in dem plastikfreie Hygiene- und Kosmetikartikel, Lebensmittel in Glas, Mehle, Milchprodukte selbst eingescannt und mittels EC-Karte bezahlt werden können (von Mo bis Sa und von 07:00 bis 19:00 Uhr). Die beliebtesten unverpackten Lebensmittel, die aus Dispensern selbst in mitgebrachte Gefäße abgefüllt werden können, sind Reis, Haferflocken und verschiedenste Zutaten für Müslis. Auch Reinigungsmittel können nachgefüllt werden. Das finden wir super.