20. November 2023

Reparieren statt Wegwerfen.

Wir kennen es alle – der Quirl gibt nach einem Jahr den Geist auf, die Kaffeemaschine spuckt prompt nach Ablauf der Garantiezeit nur noch Wasser und keinen Kaffe mehr aus und dank verklebter, unzugänglicher Akkus, die nicht ausgetauscht werden können, sind die Smartphones schnell mal altes Eisen oder Altobst (angebissene Äpfel sind gemeint).

 Wo früher noch mit Schraubenzieher und Grundlagenwissen in Elektrik und Mechanik dem streikenden Gerät zu Leibe bzw. ans Gehäuse gerückt werden konnte, bleibt uns heute meist nur der Weg ins Geschäft, um ein neues Gerät zu kaufen. Denn es gibt kaum noch Einzelhändler, die auch die Geräte reparieren. Meist zahlt sich die Reparatur auch nicht aus, weil sie mehr kostet als ein neues Gerät. Nachhaltigkeit sieht anders aus.

Welcher Händler repariert denn noch?

Wir haben trotzdem mal bei Vorarlbergs Einzelhändlern für Elektrogeräte nachgefragt, ob sie auch Reparaturen ausführen. Wen wunderts – nicht die großen Elektrogeräte-Discounter haben geantwortet, sondern die alteingesessenen Familienbetriebe. Das finden wir super. Auf die Frage, ob man eine eigene Werkstatt hat, in der Elektrogeräte repariert werden, antworteten mit Ja:

  • Stromgalerie Leuchten, Schloßgasse 3, Dornbirn
  • Joe Willi Elektrogeräte, Feld 167, Andelsbuch
  • Elektro Tschanett, Ringstraße 26, Rankweil
  • Elektro Partner Fink, Kellhofstraße 10, Wolfurt
  • Elektro Beer, Pelzrain 454, Bezau

(diese Liste werden wir laufend ergänzen)

Und über zu wenige Aufträge kann sich niemand beklagen. Von Leuchten über Mixer, Sauger, Küchenmaschinen, Unterhaltungselektronik bis hin zu Bügeleisen, Radio und TV-Geräten wird der Service gerne in Anspruch genommen. Nur wenn noch ein Garantieanspruch besteht – so die Händler – nehme man den entsprechenden Hersteller des Geräts in die Pflicht und schickt das Gerät ein. Größere Haushaltsgeräte wie Trockner und Waschmaschinen werden vor Ort bei den Kunden repariert.

Gibt es ein eingebautes „Ablaufdatum“?

 Viele Konsument:innen vermuten hinter dem schnellen Versagen ihrer Elektrogeräte oftmals eine clevere Masche der Industrie. Wer sein Produkt nicht für die „Ewigkeit“ baut, kann öfters einen Umsatz mit uns machen. Und oft genug liegt der Verdacht nahe, dass sogar eine sogenannte Obsolenz von vornherein eingebaut wurde. D.h. bestimmte besonders stark beanspruchte Stellen des Haushaltsgeräts werden bewusst mit zu schwachen Materialien ausgestattet. Oder hitze-empfindliche Bauteile werden an besonders thermisch belasteten Plätzen im Gehäuse verbaut. Und die geben dann nach einem oder drei Jahren oder eben prompt nach Ablauf der Garantiefrist ihren Geist auf. Bei elektronischen Geräten vermuten manche erboste Nutzer sogar, dass in den Programmen ein Ablaufdatum einprogrammiert wurde. Das wäre freilich zu leicht nachweisbar. Deshalb behelfen sich vor allem Hard- und Software-Hersteller im EDV-Markt damit, sich durch ständige Updates gegenseitig hochzuschaukeln bis die gerade angeschaffte Hardware nicht mehr mit dem neuesten Betriebssystem funktioniert oder andersrum.

Ein Experte empfahl mir bei meinem seit fast 10 Jahren problemlos funktionierenden Apple Mini (auf dem meine gesamte Musik gespeichert ist), niemals ein Update zu machen (auch wenn die Meldung regelmäßig aufpoppt). Denn sobald das Gerät aus seinem isolierten Zustand in die Update-süchtige Gegenwart geschleudert würde, würde es wahrscheinlich gar nicht mehr funktionieren. Denn Apple (und andere Anbieter) haben einfach kein Interesse daran, dass ihre Geräte zu lange funktionieren. Mein Apple Mini mit seinem Uralt-Betriebssystem hingegen verrichtet gemeinsam mit meinem Uralt-Analog-Verstärker täglich brav seine Arbeit und beschallt unsere Wohnung mit der Musik der CDs, die wir auf dem Apple-Mini digitalisiert liegen haben. Würden wir beispielsweise Musiktitel aus dem Internet streamen, würde schon längst ein Update der Software verlangt werden und das Gerät wäre für’n Müll.

Oft gibt uns die Industrie auch nur das Gefühl, dass unser heiß geliebtes Gerät eigentlich schon ein Oldtymer ist und völlig überholt ist. Fachleute nennen dies „psychologische Obselenz“. Die Designs der neuen Geräte gaukeln oft Langlebigkeit und Robustheit vor. Regelmäßig falle ich auf den Trick des Plastikgehäuses herein, das in silber-metallic lackiert wurde um den Anschein eines robusten Metall-Gehäuses zu machen. Der Klopftest auf dem billigen Apparat verrät dann schnell die Wahrheit. Unser Uralt-Eierkocher aus den späten 70er-Jahren ist da ein ganz anderes Kaliber. „Made in Germany“ steht da unten auf dem massiven Gehäuse und mit einer Schraube könnte man das Ding zerlegen und nach dem Rechten sehen, falls er nicht mehr funktionieren würde. Tut er aber brav seit über 40 Jahren. Undenkbar bei einem „Made-in-China“-Billigprodukt, das man heute für die Zubereitung der Frühstückseier anschaffen würde.

Reparaturanleitungen aus dem Internet

Wer sich eigenhändig an die Reparatur des Elektrogerätes macht, stößt nicht nur auf konstruktiven Widerstand bei den Geräten selbst sondern kann sich auch den Zorn der Industrie auf sich ziehen. Der australische IT-Spezialist Tim Hicks bekam einen Brief vom Laptop-Hersteller Toshiba: Er solle gefälligst innerhalb von sieben Tagen Reparaturanleitungen für Toshiba-Laptops von seiner Internetseite entfernen, andernfalls würde der Hersteller rechtliche Schritte einleiten und Hicks für die Verfahrenskosten in Haftung nehmen. Hicks sammelt viele Monate lang auf seiner Internetseite „Tim‘s laptops service manuals“ die Reparaturanleitungen für Laptops und Tablets aller Art und stellt diese kosten- und werbefrei zur Verfügung. Über 10.000 Nutzer griffen pro Tag auf Hicks’ Anleitungssammlung zu und luden insgesamt 50 Gigabyte Anleitungen herunter.

Das passte Toshiba nicht: Die Anleitungen seien vertraulich und nur für eigene Werkstätten bestimmt, schrieben die Japaner. Toshiba will augenscheinlich verhindern, dass die Nutzer ihre Rechner selbst reparieren. Hicks blieb nichts anderes übrig, als die Anleitungen zu löschen.

Doch es gibt im Internet viele Seiten, auf denen man sich Anleitungen zum Reparieren holen kann – z.B. https://de.ifixit.com, wo mehr als 100.000 kostenlose Anleitungen zum Download bereitstehen. Auch auf Youtube ist mit den richtigen Suchbegriffen schnell ein Tutorial gefunden, das zeigt, wie die Kaffeemaschine zerlegt und wieder funktionstüchtig gemacht werden kann.

Reparaturcafés im Ländle und ihre Tipps

Gerade Kaffee-Vollautomaten sind – so Friedrich Fuchsberger von der Elektro-Abteilung der Caritas – die häufigsten Geräte, die viel zu schnell den Geist aufgeben. Ganz klar…. sie sind ja auch fast täglich im Einsatz und daher maximal beansprucht. Daher ist die Wartung dieser komplexen Maschinen sehr wichtig – sagt der Fachmann. Entkalken, Reinigen, Pflegen – ein regelmäßiges Muss für eine längere Lebensdauer. Und auch der Blick in die Bedienungsanleitung – so Fuchsberger – lohnt. Aber wer liest heute schon noch? Eine direkt eingebaute Fehlerquelle (geplante Obsoleszenz) kann der Experte nicht bestätigen. Allerdings seien sehr oft sehr billige Komponenten verbaut, was natürlich auch dem dramatischen Preiskampf am Markt geschuldet ist. Alles muss billiger werden. „Jeder redet von Qualität – keiner will aber dafür Geld ausgeben!“ mahnt Fuchsberger und gibt ein paar Tipps für den richtigen Einkauf von Elektrogeräten:

  • Geräte kaufen, die nur das können, was man wirklich braucht. (Brauche ich wirklich eine Milchschäum-Unit bei meiner Kaffeemaschine? Brauche ich wirklich eine Flüssigdosieranlage bei meiner Waschmaschine? Und ….. niemand braucht ein Haushaltsgerät, das per App über das Smartphone gesteuert werden kann.)
  • Geräte mit zu viel Schnickschnack und Funktionen meiden. Einfacher ist besser.
  • Gehäuse sollten mit Schrauben verschlossen sein und nicht verklebt.
  • Geräte sollten eine übersichtliche Betriebsanleitung haben, die auch kleinere Reparaturen (z.B. Austausch einer Dichtung) erklären.

Auch beim Reparaturcafé Dornbirn sieht man das Problem so. Juliane Mattern hat es vor allem mit Kaffeemaschinen und Unterhaltungselektronik zu tun, gefolgt von Haushaltsgeräten und Kleingeräten aus allen Bereichen. Leider sind viele dieser Gehäuse so verbaut, dass man sie nur schwer öffnen kann. Entweder sind sie verklebt, haben spezielle Plastikverschlüsse oder benötigen ein Spezialwerkzeug, das man üblicherweise nicht zu Hause im Werkzeugkoffer hat, meint sie.

Beim Kauf neuer Geräte empfehlen alle Experten, auf verschraubte Gehäuse zu achten. Diese sind im Reparaturfall zumindest zu öffnen, um sich die Eingeweide des Gerätes mal aus der Nähe anzusehen. Wer einen solchen Reparaturkandidaten zu Hause liegen hat, aber nicht über das nötige Know-how verfügt, um dem Problem auf den Grund zu gehen, kann sich an die Reparaturcafés im Ländle wenden. Im Wegweiser unter der Kategorie „Elektro & Licht“ und hier unter dem Schlagwort „Reparatur“ findet ihr die Kontaktdaten und Öffnungszeiten aller Reparaturcafés in Vorarlberg.

Elektromüll – ein globales Problem

Mit dem Wegwerfen von elektrischen Geräten, die vielleicht noch reparariert werden könnten, landen auch viele wertvolle Rohstoffe im Müll.

Jedes Jahr fallen Millionen Tonnen Elektroschrott an. Ein Großteil landet nicht im Recyclingmüll, sondern verschwindet einfach. Panorama – die Reporter, die „Zeit“, ARTE und das Rechercheteam von „Follow the Money“ wollten wissen wohin. Also wurden kaputte Fernseher mit Peilsendern ausgestattet – sie führten die Reporter nach Afrika. Auch wenn die Reportage 2015 gedreht wurde, hat sich an den geschilderten Misständen bis heute nichts geändert. Hier könnt ihr sie ansehen!

Die Politik reagiert…. ein wenig.

Um zu vermeiden, dass Elektrogeräte zu schnell weggeworfen werden, gelten für Geräte wie Kühlschränke, Spülmaschinen, Waschmaschinen oder Fernseher seit März 2021 EU-weit strengere Anforderungen für die Reparierbarkeit. So müssen die Hersteller beispielsweise für TV-Geräte 7 Jahre lang Ersatzteile vorrätig halten. Für Waschmaschinen sogar 10 Jahre. Zudem müssen Reparatur-Anleitungen zur Verfügung gestellt werden und Reparaturen sollten mit handelsüblichen Werkzeugen möglich sein. Geregelt ist das in der EU-Ökodesign-Richtlinie, die die Mitgliedsstaaten umsetzen müssen.

Aber Achtung: Hat man noch einen Gewährleistungsanspruch, sollte man sich zuerst an den Händler wenden, bevor man selbst zum Schraubenzieher greift. Geht bei der Selbstreparatur etwas schief, könnte man sonst den gesetzlichen Gewährleistungsanspruch verlieren.

……..

Habt ihr noch Tipps und Hinweise zum Thema, sendet uns einfach ein Mail – wir pflegen eure Infos gerne in diesen Beitrag ein. Und wenn ihr einen Betrieb in Vorarlberg kennt, der Elektrogeräte repariert, hier oben aber nicht erwähnt ist, schreibt uns ebenfalls. Wir sind froh über jeden Input.